In ihren Richtplänen haben Kanton und Region Ziele, Strategien und Vorgaben zur Abstimmung von Siedlung und Verkehr und der Ausgestaltung des Gesamtverkehrssystems, wie auch zum Ausbau von Infrastrukturen und Verkehrsangeboten verankert. Im Jahr 2018 hat der Regierungsrat das Gesamtverkehrskonzept Kanton Zürich beschlossen. Unter anderem ist darin festgehalten, dass die Siedlungsentwicklung im Knonaueramt auf den Raum Affoltern am Albis/Hedingen zu lenken ist, der Anteil des motorisierten Individualverkehrs bis 2030 von heute 84% auf 80% zu senken ist und die Entlastungswirkung der A4 auf den Ortsdurchfahrten zu wahren ist.
Die Siedlungsentwicklung abseits der S-Bahnachse, die zunehmende Aussenorientierung der Bevölkerung, die Ausbauvorhaben im Bahnbereich (Bau des Zimmerberg-Basistunnels II und S-Bahn 2G der zweiten Generation) wie auch der Umbruch im Mobilitätsmarkt mit den neuen Mobilitätsformen warfen die Fragen auf, inwieweit diese Ziele mit den im regionalen Richtplan verankerten Strategien und Massnahmen umgesetzt werden können, ob und wo es Anpassungsbedarf gibt.
Das vorliegende GVK liefert fachlich fundierte Antworten auf diese Fragen. Als informelles, das heisst als ein nicht im Recht verankertes Planungsinstrument ist es für die Behörden nicht unmittelbar verbindlich. Indem es zeigt, wie die Region Siedlung und Verkehr entwickeln und abstimmen will, bietet es eine fachlich fundierte Grundlage für eine Verankerung wichtiger Inhalte in behördenverbindlichen Richtplänen. Darüber hinaus kann es bei der Erarbeitung oder Beurteilung von kantonalen, regionalen oder kommunalen Planungen beigezogen werden.
Das GVK beleuchtet die Situation und die Trends (Kap. 4), zeigt auf, vor welchen Herausforderungen das Knonaueramt steht und mit welchen Strategien darauf zu reagieren ist (Kap. 6). Das Zukunftsbild «Mobilität Knonaueramt 2040» (Kap. 7) beschreibt, wie sich das Knonaueramt im Jahr 2040 in den Metropolitanraum Zürich einbettet, welche Bedeutung dem Regionalzentrum wie auch der Sub- und Dorfzentren zukommt, den Charakter der Siedlung und Landschaft und die Organisation des Verkehrs. Die Inhalte in den Bereichen Siedlung und Landschaft basieren auf dem «Zukunftsbild Knonaueramt 2030» und den Nutzungsvorgaben im regionalen Richtplan. Kap. 8 zeigt den Handlungsbedarf.
Im Fokus der Bearbeitung stand die Beantwortung folgender Fragen: Mit welcher «Strategie ÖV und kombinierter Verkehr» kann der ÖV-Anteil am Gesamtverkehr erhöht werden? Was trägt die «Netzstrategie MIV» zur Entlastung der Ortsdurchfahrten bei? Wo und wie sind «Ortsdurchfahrten» siedlungsverträglicher zu gestalten? Können Velorouten anders geführt, ergänzt und Schwachstellen schneller behoben werden?
Auf eine separate Betrachtung des Arbeits-, Güter-, Einkaufs- und Freizeitverkehrs wie auch eine Erhebung der Beschäftigtenzahl wurde bewusst verzichtet. Im Vergleich zur Bevölkerungsentwicklung ist die Beschäftigtenentwicklung von untergeordneter Bedeutung und kaum abschätzbar. Für das Verkehrsgeschehen auf regionaler Stufe spielen einzig das Arbeitsplatzgebiet und die verkehrsintensiven Einrichtungen in Affoltern am Albis eine gewisse Rolle. Die ÖV-Erschliessung der Erholungsräume Albiskette, Türlersee und Reuss erfolgt über den regulären Busbetrieb. Optimierungspotenzial besteht einzig auf der Verbindung Hausen am Albis-Albispasshöhe-Langnau-Thalwil durch schlankere Anschlüsse.
Die Situations- und Trendanalyse hat ergeben, dass die im regionalen Richtplan verankerten Zukunftsbilder, Ziele, Strategien und Massnahmen im Grundsatz zweckmässig, aber wie folgt weiterzuentwickeln und umzusetzen sind:
– S-Bahnachse als Rückgrat der ÖV-Erschliessung und Siedlungsentwicklung
In der Strategie ÖV und kombinierte Mobilität 2040 wurde geprüft, ob und inwieweit alternative oder ergänzende Ansätze wie ein ÖV-Korridor Reppischtal-Oberamt-Baar, ein ÖV-Korridor Reppischtal-Uetliberg Autobahntunnel-Zürich Enge oder eine Busspange Affoltern-Cham/Baar zur Ausrichtung auf die S-Bahn-Achse zweckmässig sind. In dieser Evaluation hat sich gezeigt, dass nur die strategische Stossrichtung «S-Bahn stärken» zielführend ist. Die Gebiete abseits der S-Bahn werden über Zubringer-Busse zu den Hauptknoten Affoltern am Albis und die Bahn-/Busumsteigeknoten Mettmenstetten und Bonstetten/Wettswil an das S-Bahnrückgrat angebunden. Tangentiale Buslinien ergänzen das auf die S-Bahn ausgerichtete Angebot. Sie bieten aus dem Reppischtal, dem Oberamt oder via Autobahn-Uetlibergtunnel direktere Verbindungen nach Zürich oder in den Kanton Zug an.
– Optimierung Busverbindungen
Die ÖV-Netzstruktur im Zukunftsbild «Mobilität Knonaueramt 2040» bildet eine fundierte Grundlage für die Umsetzung und Optimierung des ÖV-Angebots im Rahmen des ordentlichen Fahrplanverfahrens. Sie zeigt die heutige Netzstruktur und Optimierungsmöglichkeiten.
– Viertelstundentakt der S-Bahn
Aufgrund des ÖV-Nachfragepotenzials Richtung Kanton Zug sind langfristig (nach 2050) vier Verbindungen pro Stunde auf der Strecke Zürich-Zug anzustreben. Dies erfordert eine Integration des S-Bahnausbaus Richtung Zug (Doppelspur) in die SBB-Planung «Perspektive Bahn 2050 zhd. Bahnausbauschritt STEP AS 2040/45.
– Kombinierte Mobilität primär in Form von Bike-and-Ride
Mit kombinierter Mobilität in Form von Bike-and-Ride kann für das ÖV-Angebot im Knonaueramt zusätzliches Nachfragepotenzial erschlossen werden. Der Trend zur vermehrten E-Bike-Nutzung verbessert die Erreichbarkeit der am Hang gelegenen Siedlungen. Neben dem Velo werden auch Mikromobilitätsfahrzeuge (z.B. E-Scooter, Segways, E-Leichtfahrzeuge, E-Skateboards) und Sharing-Angebote an Bedeutung gewinnen. Park-and-Ride-Plätze sollen zurückhaltend angeboten werden. Aufgrund des grossen Flächenbedarfs und dem Zubringerverkehr stehen sie in Konflikt mit dem Ziel, um die S-Bahnstationen herum belebte, vielfältig genutzte Wohn- und Arbeitsschwerpunkte zu bilden. Ansätze, welche auf selbstfahrenden Fahrzeugen basieren, werden im Zeithorizont des GVK 2040 noch nicht relevant. Der eigentliche Durchbruch der Automatisierung im Verkehr dürfte erst im Zeithorizont 2060 gelingen.
– Gestaltung und Ausrüstung von Bahnhöfen und Bushaltestellen
Eine einfache Zugänglichkeit, eine nutzerfreundliche Gestaltung und eine bedarfsgerechte Ausrüstung der Bahnhöfe und Bushaltestellen erhöhen die Attraktivität des ÖV und des kombinierten Verkehrs.
– Entlastung der Ortsdurchfahrten dank der «Netzstrategie MIV»
Die Überprüfung der Bedeutung und der Zweckmässigkeit der «Netzstrategie MIV» hat ergeben, dass sich die strategischen Grundsätze bewährt haben und die «regionale Netzstrategie» einen entscheidenden Beitrag für die dauerhafte Entlastung vieler Ortsdurchfahrten im Knonaueramt leistet. Sie soll beibehalten und weiterentwickelt werden. Der Durchfahrtswiderstand Wettswil am Albis beim Bahnübergang Moosstrasse ist nicht erforderlich. Aufgenommen werden soll aber ein Durchfahrtswiderstand beim Bahnübergang Hedingen Alte Zwillikerstrasse.
– Zweite Autobahnquerung für die Zubringer-Busse zum Bahnhof Affoltern am Albis
Die Überprüfung der Wirkung einer zweiten Autobahnquerung im Rahmen des Vertiefungsprojekts «Netzstrategie MIV» ergab, dass die Wirkung für den MIV vergleichsweise gering ist. Die zweite Autobahnquerung könnte aber sehr gut als ÖV-Achse zwischen dem Bahnhof Affoltern am Albis und Obfelden genutzt werden und damit die Zuverlässigkeit des Busfahrplans und die Attraktivität des ÖV deutlich erhöhen. Im Rahmen einer Planungsstudie klärt der Kanton, ob die zweite Autobahnquerung als regionale Verbindungsstrasse für den ÖV realisiert werden kann.
– Siedlungsverträgliche Strassenraumgestaltung
Strassenräume, in denen ein enger Bezug zwischen der Bebauung und der Strasse besteht, sollen siedlungsverträglich gestaltet werden. Wo eine sichere Abwicklung des Verkehrs oder der Lärmschutz dies erfordert, soll das Tempo reduziert werden. Die Untersuchung der Wirkung von Temporeduktionen zeigte, dass die in Affoltern am Albis, Kappel am Albis (Uerzlikon), Knonau und Ottenbach angedachten oder geplanten Massnahmen mit der regionalen Netzstrategie konform sind und unabhängig voneinander umgesetzt werden können. Einzig die in Rifferswil angedachten Temporeduktionen würden zu einer spürbaren Verlagerung des Verkehrs von Rifferswil nach Hausen am Albis führen.
– Umgestaltung Untere Bahnhofstrasse und Bahnhofplatz Affoltern am Albis
Der Bahnhof Affoltern am Albis ist eine multimodale Verkehrsdrehscheibe. Dies erfordert eine bedürfnisgerechte Organisation des MIV, des Bus-, Velo- und Fussverkehrs, des Busbahnhofs, der Bike-and-Ride-Plätze sowie weiterer Abstellplätze für Kleinfahrzeuge auf dem Bahnhofplatz. Der Kanton und die Stadt Affoltern am Albis konkretisieren im Rahmen einer Planungsstudie die Umgestaltung des Strassenraums und die zukünftige Verkehrsführung und -steuerung auf der Achse Untere Bahnhofstrasse-Bahnhofplatz. Dabei soll der MIV-Anteil im Bereich des Bahnhofs Affoltern am Albis unter Beachtung der Auswirkungen auf die Obfelderstrasse, die Büelstrasse und die Zürichstrasse reduziert werden.
– Optimierung der Velorouten
Aufgrund von Anträgen aus der Region wurde die Velorouten zusammen mit den kantonalen Velofachstellen überprüft. Die Hauptverbindung zwischen Affoltern am Albis und Mettmenstetten kann neu entlang der Bahn geführt werden, die Hauptverbindung in Hedingen neu durchgehend auf der Zürcherstrasse und Hauptverbindung in Bonstetten neu auf der Zürcherstrasse und Stationsstrasse. Auf den Reussbrücken in Obfelden und Ottenbach werden Radwegverbindungen erstellt. Der Seitenwechsel der Radwegverbindung auf der Zwillikerstrasse in Ottenbach und der Führungswechsel auf der Zwillikerstrasse beim Ortseingang Hedingen werden als Schwachstelle ausgewiesen. Veloverbindungen, die zwar von überkommunaler Bedeutung sind, aber aufgrund der kantonalen Vorgaben nicht in das kantonale Velonetz aufgenommen werden können, sollen auf kommunaler Stufe gesichert werden.